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2-seitiger Artikel im "Berliner Kurier" vom 6.5.2008



Zur besseren Lesbarkeit hier der Text:
Nackte Idylle am Zeesener See
Heute heißt der FKK-Verein „TSG Südost 96“. Sein Gelände am Zesener See in Senzig-Waldesruh, Körbiskruger Straße 103, ist rund 270 000 Quadratmeter groß. Neben 123 in der hügeligen Landschaft ver-steckten Hütten ist hier Platz für Faust-, Prell- und Volleyball sowie Tischtennis.
80 Jahre alt geworden sucht der Verein jetzt Nachwuchs. Interessenten können sich am 31. Mai und 1. Juni, jeweils ab 9 Uhr, beim Tag der offenen Tür umschauen und auch Probe-Baden.

Es sind Fotos voller Anmut und Natürlichkeit, junge Menschen, die stolz auf ihre sportlichen Körper sind, Nacktheit ohne Prüderie: So war das vor 80 Jahren, als am Berliner Stadtrand FKK-Freunde zusammenkamen, um gemeinsam Sport zu treiben, zu feiern, zu leben. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Frei und nackt - es waren Neuköllner von der „Deutschen Luftbadegesell-schaft“, die 1928 auszogen, um ihr Paradies zu finden. Sie hatten keine Lust mehr, sich an der Grenzallee hinter einem drei Meter hohen Bretterzaun auf einem nur zwei Faustballfelder kleinen Platz zu verstecken. In Senzig bei Königswusterhausen erfüllte sich ihr Traum. Ein Bauer verpachtete ihnen ein riesiges Gelände direkt am Zeesener See.
So freizügig man sich hier bewegte, so streng waren die Sitten. Oberstes Ge-bot war das Nacktsein. Sofort und egal zu welchem Anlass. Manch Neuling steckte da zunächst in der Zwickmühle. Wie die überaus skeptische Ehe-frau eines FKK-Anhängers im Jahr 1929. Kaum angekommen, hieß es auch schon: „Ausziehen“. Die arme Frau nahm dann ein langes Handtuch vor den Busen, hielt ihre Handtasche nach hinten übern Po - und wurde so allen möglichen Nackten vorgestellt.
Geschlafen wurde damals in einer Baracke auf Stroh. Viel später zog man in Zelte und erst 1967 in Mini-Hütten ohne Stromanschluss, ohne Gartenzwerge und Kunstrasen.
Dieser karge Komfort ist für die „Nackis“ am Zeesener See kein verstaubter Relikt, sondern Luxus. Denn sie lieben wie einst das freie Leben in der Natur. Strom holen sie sich auch heute nicht aus dem Kabel, sondern von SoIar-Anlagen auf den Hüttendächern. Sportsendungen aus aller Welt werden im Gemeinschaftsraum auf eine Leinwand gebeamt.
Auch beim Nacktsein herrscht der Zeitgeist. Das Gebot gilt heute nur am Strand. Beim Faustball oder Kochen muss keiner mehr Angst haben, dass ihm die Hose runtergezogen wird.
MKL

Margot Wozniak (74), EX-Kunstlehrerin, ist seit ihrer Jugend auf dem FKK-Zeltplatz. Zu ihrem „Paradies auf Erden“, wie sie sagt, reicht ihr die kleine Hütte, die als Einzige schon 1928 hier gestanden hat.


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